600 PolizistInnen in Ellwangen wegen Protests gegen eine Abschiebung: SPD-Fraktionsvize Sascha Binder: "Der Einsatz war aus meiner Sicht verhältnismässig"

SPD-Fraktionsvize Sascha Binder: "Der Einsatz war aus meiner Sicht verhältnismässig"

DSCN4283.JPG

Lizenz: 
CC Attribution, Non-Commercial, Share Alike
Quelle: 
RDL/mc

Asylbewerber aus der Landeserstaufnahmestelle protestierten am Montag, 30. April lautstark und vorerst erfolgreich gegen die Abschiebung eines Togolesen nach Italien (weil er über Italien nach Deutschland kam, soll laut einer europäischen Regelung Italien für seinen Asylantrag zuständig sein). Die Polizeistreifen mussten unverrichteter Dinge zurückfahren. Über die genauen Umstände dieses Protests gibt es verschiedene Darstellungen. (Nach einer Woche bundesweiter Berichterstattung über sie haben nun auch AsylbewerberInnen aus der Landeserstaufnahmestelle am Montag ihre Beobachtungen veröffentlicht: "Viel wurde über uns geredet, jetzt reden wir!")

Zunächst war von physischer Gewalt und Androhungen gegen die BeamtInnen die Rede, was nachträglich durch Dementis und journalistischen Recherchen weitgehend widerlegt wurde. Nur eine Eindellung an einer Polizeistreife war zu beklagen.

Doch diese Behauptung, die AsylbewerberInnen seien gewalttätig und sogar bewaffnet, wurde benutzt, um drei Tage später einen massiven Polizeieinsatz mit 600 BeamtInnen, in voller Montur und vermummt, zu rechtfertigen. Der Togolese wurde in Abschiebehaft genommen, rund 300 der 500 BewohnerInnen der Unterkunft wurden von bewaffneten PolizistInnen geweckt und kontrolliert, über zwanzig Menschen wurden als vermeintliche Anführer des Protests festgenommen.

Noch bevor unabhängige Berichte über den Polizeieinsatz bekanntwurden, applaudierten am Donnerstag Parteien von der AfD bis zu SPD und Grünen. Auch die SPD-Landtagsfraktion in Baden-Württemberg, die eigentlich in der Opposition sitzt, begrüsste den Einsatz und forderte, die widerständigen Asylbewerber sollten die volle Härte des Gesetzes zu spüren bekommen. In Gestalt ihres Fraktionsvizes und innenpolitischen Sprechers Sascha Binder forderte die SPD gleich am Donnerstag Mittag, die "mutmaßlichen Straftäter" unmittelbar abzuschieben oder zu inhaftieren. In der Pressemitteilung ist auch von den angeblichen Waffen die Rede, die die Asylbewerber besessen hätten. Und wie Bundesinnenminister Seehofer und andere Politiker macht auch Sascha Binder aus einem erfolgreichen Protest gegen eine Abschiebung gleich einen "rechtsfreien Raum", den die Polizei zurückeroberte.

Matthieu sprach mit ihm über seine Reaktion zum massiven Polizeieinsatz in Ellwangen.