Manuskript:
Der aktuelle Anlass für die Pressekonferenz waren verschiedene Treffen der Verbände mit PolitikerInnen und insbesondere ihre Anhörung im französischen Präsidentenpalast Elysée für das Projekt einer direkten Zugverbindung Freiburg-Colmar. Dort haben die Verbände das Gefühl gehabt, dass sie auf aufmerksame Ohren gestossen sind.
Das Projekt einer direkten Bahnverbindung von Freiburg nach Colmar ist eine langjährige Forderung der Verbände TransRhinRail, Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg und Verkehrsclub Deutschland. Dazu wurden auch schon Studien veröffentlicht. Die Verbände gehen davon aus, dass 20.000 Menschen täglich auf dieser grenzüberschreitenden Strecke pendeln. 99 Prozent pendeln mit dem Auto. Lediglich etwa 200 nutzen die existierenden Bus- und Bahnverbindungen mit Umstieg in Breisach. Über die Pendlerinnen hinaus gebe es ein großes Potenzial an Touristinnen, die vom Elsass nach Freiburg, in den Schwarzwald wollten oder umgekehrt von Südbaden nach Colmar und in die Vogesen. Auch besondere Ereignisse wie Weihnachtsmärkte könnten viele Menschen von der jeweils anderen Rheinseite anziehen. Insgesamt rechnen die Verbände mit 15.000 Menschen unter den 200.000 Grenzgängerinnen, die im Falle einer günstigen Verbindung auf ihr Auto verzichten könnten und Bahn fahren würden.
Doch aus der Sicht der Verbände ist die aktuelle Bus- und Bahnverbindung nicht attraktiv. Der Umstieg mache die Verbindung erfahrungsgemäß unattraktiv. Der Bus komme Reisenden stets weniger komfortabel vor als die Bahn. Und die Fahrtdauer von insgesamt anderthalb Stunde inklusive Umstieg sei zu lang. Ausserdem gebe es zu wenige Verbindungen, weil die Busverbindungen kaum bezuschusst würden.
Die direkte Zugverbindung, für die die Verbände plädieren, wäre hingegen viel komfortabler und würde deutlich schneller gehen. Zwischen Freiburg und Colmar rechnen die drei Verbände mit 45 Minuten Fahrtzeit, also die Hälfte der aktuellen Fahrtzeit mit Bus und Bahn.
An Gleisen fehlt es für diese Verbindung kaum. Die Strecke zwischen Freiburg und Breisach wird von der "Breisgau S-Bahn" mit Dieselzügen befahren. Die Strecke von Colmar bis Volgelsheim existiert noch, allerdings nur für den Güterverkehr. Es fehlt vor allem ein neue Bahnbrücke, denn die letzte Bahnbrücke wurde im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen auf dem Rückzug zerstört. Und es fehlen die paar Kilometer Gleise zwischen Volgelsheim und Breisach. Abgesehen davon seien aber auf beiden Seiten heftige Investitionen in den existierenden Streckenabschnitten notwendig. Denn die Züge dürften aktuell teilweise wegen der maroden Strecken nicht schneller als 40km/h fahren. Außerdem wäre die Elektrifizierung der Strecke wünschenswert. Insgesamt würden also Investitionen in Höhe von 70 Millionen Euro benötigt, so die Verbände.
Für die Verkehrspolitik sind auf beiden Rheinseiten mehrere politische Ebenen relevant. Auf lokaler Ebene im französischen Département Oberrhein gebe es viel Zuspruch für eine direkte Zugverbindung. Doch formal ist die Region für Nahverkehr zuständig. Auf regionaler Ebene spreche man sich lieber für eine gute Busverbindung zwischen Freiburg und Colmar aus.
Diese Lösung würde nur 4 Millionen Euro Investitionen benötigen. Doch aus der Sicht der drei Verbände wäre diese Lösung bei weitem nicht so attraktiv wie die Bahnverbindung. Denn die Fahrtzeit würde sich nicht wesentlich reduzieren, und Bus sei weiterhin weniger komfortabel als die Bahn.
Die Verbände hoffen, dass sich die Zentralregierung ihrer Sache annimmt. Schließlich handelt es sich nicht nur um eine lokale, sondern um eine grenzüberschreitende Verbindung.
Besonders aus zwei Gründen glauben sie, dass es aktuell ein Momentum in Frankreich für eine neue grenzüberschreitende Verbindung geben könnte. Zum einen, weil sich Präsident Macron bemüht, das Bild einer neuen Vertiefung der deutsch-französischen Freundschaft zu geben. Zum anderen, weil die endgültige Schließung des Atomkraftwerks Fessenheim geplant ist und die Zentralregierung die Region um Fessenheim mit Ausgleichsleistungen entschädigen dürfte. Von handfesten Zusagen der französischen Regierung war jedoch nicht die Rede bei der gestrigen Pressekonferenz der drei Verbände.
Auf deutscher Seite sieht die Situation anders aus. Auf kommunaler Ebene zeige lediglich die Stadt Breisach ein starkes Interesse für die direkte Zugverbindung. In der Green City Freiburg hingegen habe gerade Oberbürgermeister Dieter Salomon sehr wenig Interesse für eine Verbindung gezeigt, die den grenzüberschreitenden Autoverkehr reduzieren könnte. Beim Regierungspräsidium Freiburg hingegen laufe man offene Türen ein. Die Landesregierung habe sogar versucht, die Strecke Freiburg-Colmar in den aktuellen Bundesverkehrswegeplan einfliessen zu lassen, der massgeblich über die Verkehrsinvestitionen des Bundes für die kommenden Jahre entscheidet. Doch der damalige Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt habe diesen Vorschlag abgelehnt, weil es sich angeblich um eine regionale Verbindung handele.
Für die Verbände wäre es aber durchaus auch eine Aufgabe der Bundesregierung gewesen, sich für diese Strecke einzusetzen. Denn zum einen handelt es sich um eine grenzüberschreitende Verbindung, zum anderen gehören die Gleise auf der deutschen Strecke der deutschen Bundesbahn.
TransRhinRail, Landesnaturschutzverband Baden-Württemberg und Verkehrsclub Deutschland machten gestern einen konkreten Vorschlag, wie die Investitionen für die direkte Zugverbindung Freiburg-Colmar aussehen könnten.