Schranken der heimlichen Bild ­­– Observation: BVerfG erklärt rechtliche Ausgestaltung des PolG NRW dortig kombinierte [Bild]Observation mittels heimlicher Aufnahmen und Aufzeichnung für verfassungswidrig

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BVerfG erklärt rechtliche Ausgestaltung des PolG NRW dortig kombinierte [Bild]Observation mittels heimlicher Aufnahmen und Aufzeichnung für verfassungswidrig

Die immer wieder neue geführten fieberhaften Verschärfungsdiskussion zu polizeilichen Ermächtigungen haben mit einem jetzt publizierten Beschluss des Bundesverfassungsgericht einen erneut leichten Klapps auf den Hinterkopf erhalten.
Zwar will sich das Verfassungsgericht in Hinblick auf Menschenwürde (Art.1 GG) und persönliche Selbstbestimmung (Art 2 GG.) nur auf die Ausgestaltung dieser Ermächtigungen beschränken. Diese sei im Bundesland Nordrhein-Westfalen unzureichend, weil im engeren Sinne unverhältnismässig und unbestimmt gestaltet. Es darf bis Ende 2025 nur unter Beachtung der Vorgaben des Beschlusses angewandt werden.
Ein eher guter Jahresbeginn 2025. Die Begründung – wie in der PM wieder gegeben - sind gleichwohl ein kleines antidot gegen die Fiberkurve der Allparteien Fans des autoritären Staates um jeden Preis. Gerade nach dem Versagen von Magdeburg.
Peinlich für die juristische „Linke“ ist nur, dass zum wiederholten Male nazistische Gewalttäter derartige Grundrechtswahrungs-Beschlüsse herbeiführen lassen mussten.
Hier der Wortlaut aus der PM


b) § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 17 Abs. 1 Satz 1 Varianten 1 und 2 Nr. 2 PolG NRW genügen bei kombinierter Anwendung hinsichtlich der hier erforderlichen Eingriffsschwelle nicht den Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne.

Die dem Eingriffsgewicht entsprechenden Anforderungen der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne richten sich sowohl an das mit der Datenerhebung zu schützende Rechtsgut als auch an die Eingriffsschwelle, also den Anlass der Überwachung. Ob die zu überprüfende Regelung durchgehend dem Schutz hinreichend gewichtiger Rechtsgüter dient, ist hier mangels Entscheidungserheblichkeit nicht zu prüfen. Die Verhältnismäßigkeitsprüfung ist daher auf die Eingriffsschwelle beschränkt.

Die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der Datenerhebung durch heimliche Überwachungsmaßnahmen mit hoher Eingriffsintensität im Bereich der Gefahrenabwehr verlangt als Eingriffsschwelle entweder eine konkrete Gefahr oder eine wenigstens konkretisierte Gefahr. Es muss gewährleistet sein, dass eine Gefährdung der durch die Norm geschützten Rechtsgüter im Einzelfall hinreichend konkret absehbar ist und der Adressat der Maßnahmen aus Sicht eines verständigen Dritten den objektiven Umständen nach in sie verfangen ist.

Dem genügen die vorgelegten Regelungen nicht. Die Befugnisnormen setzen auch bei ihrer Kombination lediglich voraus, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass Personen bestimmte Straftaten „begehen wollen“. Dies bleibt hinter den Anforderungen an eine konkretisierte Gefahr und erst recht hinter denen an eine konkrete Gefahr zurück. Die Regelungen schließen nicht aus, dass sich die Prognose allein auf allgemeine Erfahrungssätze stützt. Sie enthalten nicht die Anforderung, dass Tatsachen den Schluss auf ein wenigstens seiner Art nach konkretisiertes und zeitlich absehbares Geschehen zulassen müssen und dass bestimmte Personen beteiligt sein werden, über deren Identität zumindest so viel bekannt ist, dass die Überwachungsmaßnahme gezielt gegen sie eingesetzt und weitgehend auf sie beschränkt werden kann. Damit geben sie den Behörden und Gerichten keine hinreichend bestimmten Kriterien an die Hand und eröffnen Maßnahmen, die unverhältnismäßig weit sein können.

c) § 16a Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und § 17 Abs. 1 Satz 1 Varianten 1 und 2 Nr. 2 PolG NRW sind in Kombination im Hinblick auf die tatbestandlich vorausgesetzte Eingriffsschwelle auch zu unbestimmt.

Allein die auf Tatsachen gegründete, nicht näher konkretisierte Möglichkeit, dass jemand irgendwann in Zukunft Straftaten von erheblicher Bedeutung begehen will, wird dem Bestimmtheitsgebot nicht gerecht. Weder hinsichtlich möglicher Indikatoren und des Grads der Wahrscheinlichkeit eines solchen Ablaufs noch in zeitlicher Hinsicht sieht das Gesetz Beschränkungen vor. Die Bestimmung der Voraussetzungen und Grenzen des Eingriffs obliegt vielmehr der Polizei. Sie entscheidet ohne nähere gesetzliche Vorgaben über die Grenzen der Freiheit des Bürgers und muss sich die Maßstäbe dafür selbst zurechtlegen. Die Schaffung eingriffsbeschränkender Maßstäbe ist aber Aufgabe des Gesetzgebers.