Dazu unser Beitrag.
Tupoka Ogette hat das in ihrem Buch "und jetzt du" in dem Kapitel "Entdecke deine weiße Zerbrechlichkeit,"zusammengefasst, wie das aussehen könnte Der Text bezieht sich zwar auf Rassismus, aber Vieles, was im Zusammenhang mit Rassismus oder Sexismus entwickelt wurde, passt nahtlos auch zu anderen Diskriminierungsformen. Auch zu Ableismus.Zum lebenspraktischen diskriminierungssensiblen Umgang bis Minute 5'30, ab da noch ein Gespräch um Abwehr Angst, Unsicherheiten und Fettnäpfe. Gespräch zwischen einer Person mit und einer ohne Behinderung.
s.g. und max
Abled Fragility. Die Abwehr, wenn Diskriminierung angesprochen wird
9 - 12 minutes
AudioTranssciption des gesamten Textes des Radiobeitrags:
Die Sendung machen zwei Personen, eine Person mit behinderung und eine ohne Behinderung
Wir kommen wieder zu unserem Anti-Ableistischen Wörterbuch. In unserer heutigen Folge geht es um den Begriff Fragility oder Abled Fragility. Auf Deutsch. bedeutet das Zerbrechlichkeit oder Verletzlichkeit von nicht behinderten Menschen gegenüber behinderten Menschen. Und das heißt in diesem Zusammenhang von Diskriminierung und Ableismus die Zerbrechlichkeit der diskriminierenden Personen.
Also zum Beispiel eine Person sagt dir, dass du etwas gesagt oder getan hast, womit sie sich diskriminiert fühlt und du bist darüber, dass sie es sagt, völlig getroffen oder verletzt. Was tun? Wie damit umgehen? Also um dieses Thema geht es heute, um den Begriff Fragility. Ja, zuerst nochmal kurz zum Begriff Abelismus. Er kommt aus der US-amerikanischen behinderten Bewegung und er beschreibt die Diskriminierung von Menschen mit Behinderung, chronischen Krankheiten und Neurodivergenz. Die Menschen werden dabei an gängigen gesellschaftlichen Normen und Fähigkeiten gemessen und danach bewertet, beziehungsweise abgewertet.
Und jetzt wieder zurück zu Fragility, also Zerbrechlichkeit oder Abled Fragility. Der Begriff Fragility kommt ursprünglich aus der Antirassismusarbeit, da wird er als "white Fragility" benutzt und in jedem Fall geht es aber um die Zerbrechlichkeit und Verletzlichkeit und zwar von der Person, die etwas Diskriminierendes gesagt hat oder sich Diskriminierend verhalten hat.
Was bedeutet das? Also unser Beispiel von eben,: eine Person sagt dir, dass du etwas gesagt oder getan hast, womit sie sich diskriminiert fühlt. Also du hast bewusst oder höchstwahrscheinlich unbewusst eine Person in einer Situation gebracht, die sie als diskriminierend empfunden hat und auch anspricht. Was passiert dann? Wahrscheinlich bist du total getroffen und verletzt, vielleicht auch beschämt. Deine spontanen Reaktionen, deine Gefühle sind eventuell heftig, du möchtest dich rechtfertigen, erklären, relativieren, es ist dir unglaublich peinlich. Du bist total getroffen und auch vielleicht total sauer oder genervt. Du willst keinen Fehler gemacht haben? Du doch nicht. Hast dich doch schon so viel damit beschäftigte, mit Diskriminierungen und bist ein rücksichtsvoller Mensch.
Außerdem, du willst, dass die Person dich nicht ablehnt, dich mag und so weiter. Ein breites Gefühlsspektrum.
Was tun? Tupuca Ogette, Autorin und langjährig in der Bildungsarbeit gegen Rassismus tätig, hat das in ihrem Buch "und jetzt du" in dem Kapitel "entdecke deine Zerbrechlichkeit" mal zusammengefasst.
Sehr hilfreich, finde ich.
Der Text bezieht sich zwar auf Rassismus, aber Vieles, was im Zusammenhang mit Rassismus oder Sexismus entwickelt wurde, passt nahtlos auch zu anderen Diskriminierungsformen, auch zu Ablesimu.
Tupuca Ogete also schreibt. Hier kommen so Handlungsanleiten, "Was auch immer ich gerade fühle, die Verletzung bei der diskriminierten Person ist größer, denn sie reiht sich in eine lange Reihe von Diskriminierungserfahrungen ein. Dieses Feedback hat mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit Kraft und Überwindung gekostet, vor allem dann, wenn es eine Person ist, die mir nahesteht, die Arbeitskollegin oder andere Bezugsperson ist. Ist dieses Feedback denn nicht für mich eine gute Chance, zu lernen, zu verstehen und ist das nächste Mal besser zu machen? Feedback zu Diskriminierung wird zu 99 Prozent mit Abwehr Wut-Ignoranz begegnet. Was für eine gute und wichtige Erfahrung wäre es für die diskriminierte Person, wenn ich nicht Teil dieser 99, sondern der 1 Prozent wäre? Also, solltest du so ein Feedback erhalten? Dann rate ich dir folgenden Umgang damit. Atmen. Nicht sofort reagieren, wenn dei erster Impuls Wut, Abwehr, Relativierungswünsche, Trotz oder ähnliches sind. Warte, bis diese Gefühle verfliegen und du wieder klarer denken kannst. Signaliere aber, dass du gehört hast, was die Person sagt, bedanke dich und sag, dass du darüber nachdenken wirst. Denk darüber nach. Und zwar ehrlich. Sprich mit einer Person deines Vertrauens darüber. Achtung, wenn das eine BIPOC-Person ist, dann frat sie vorab, ob sie wirklich Raum und Kapazitäten dafür hat. Auch diese Person hat keinen Bedarf an White Fragility." Das betrifft natürlich auch von Abelismus betroffene Personen, also nicht unbedingt Menschen mit Behinderung fragen eher andere Freund*innen. "Viertens, lies nach und reflektiere. Wenn möglich, schlaf eine Nacht darüber. Entschuldige dich bei der Person, ohne weitere Erklärung, ohne Relativierung und ohne ein Danke zu erwarten. Signaliere weitere Gesprächsbereitschaft, aber fordere diese nicht ein". Topoka Ogette, schreibt weiter. "Es ist gut, wenn du deine eigene Fragility erkennen lernst und wenn du dir einen Plan zurecht legst, wie du damit umgehst, wenn bei dir Abwehrgefühle aufkommen. Übung macht die Meister* in."
Ja, tolles Buch übrigens." Und jetzt du", kann ich oder können wir nur empfehlen. Diese Sätze finde ich total prägnant und total treffend.
,.....Gespräch der beiden Sprechenden:
"Wie geht es dir damit? "
"Ja, total. Also mir fallen da spontan auch Situationen ein, in denen so diese Emotionen hochkommen und ich finde es auf jeden Fall ein Learning, da eben nicht in diese Muster zu verfallen, sondern genau diese Leitsätze zu befolgen und das als Chance zu sehen, sich besser zu verhalten". "Ich glaube, wir kennen ja wirklich aus unterschiedlichen intersectionalen Diskriminierungssträngen diese Situation, egal an welchen Punkten wir selber betroffen sind von Diskriminierung. Und ich finde das auch super gut, darüber ins Gespräch zu gehen. Und vor allen Dingen finde ich wirklich wichtig, nicht sofort in die Abwehr zu gehen und nicht sofort in die Reaktion gehen. Den Raum zwischen Reiz und Reaktion zu nutzen" ".Ja, genau. Und was ich zum Beispiel auch einer von meinen Schlagworten ist , ist immer dieses Mut zum Fettenapf, weil irgendwie ich finde in diesen ganzen Diskursen bist du immer mit einem Fuß halb am Fettnapf und eigentlich erwartet, glaube ich, auch keine Person, die von Diskriminierung betroffen ist - oder ich rede jetzt mal aus der eigenen Betroffenheit von Ableismus herraus -, es erwartet niemand, dass alle immer genau wissen, wie sie sich verhalten müssen. Ich finde, das entscheidende ist wirklich, in Verbindung zu gehen. Und ich finde auch dieses mit der Unsicherheit wichtig. Das zu zeigen. Also das kennen wir auch alle, dass wir unsicher sind. Wie gehe ich mit der Person um oder wie verhalte ich mich jetzt? Und das auch offen zu transportieren. Also irgendwie finde ich Unsicherheiten ein total unangenehmes Gefühl. Aber irgendwie bin ich auch Fan*in von Unsicherheit, weil das so viel möglich macht, wenn du das formulierst. Dann geht ja immer so ein Raum auf in der Kommunikation, oder?"
"Voll, ja. Ich denke jetzt auch gerade an Situationen, wo ich selbst unsicher wäre, überhaupt Fragen stellen zu dürfen. Und das ist noch so ein Spannungsfeld irgendwie"
" Aber ich zum Beispiel finde es total gut, wenn mir jemand Fragen stellt. Jetzt nicht diese Art persönliche Fragen, seit wann bist du behindert, ...und so weiter und so fort. Sondern dieses, ich bin grad unsicher, spreche ich dich von der rechten oder linken Seite an oder ich bin grad unsicher, ob ich dich was fragen kann. Ich finde das toll, dann kann ich entscheiden, ja, antworte ich gerne oder eben passt nicht. Aber ich finde, es ist auch dann ein Interesse, das spüre ich ja dann. Gar nicht gefragt werden, das ist auch komisch." "Ja voll" " Auch in der Community wird es immer mal diskutiert, dass niemand fragt, oder gleich dann oft so übergriffig nach den Geschichten, die dranhängen Also, mit der Unsicherheit, das finde ich total wichtig. Das Stichwort Fehlerkultur hatten wir ja auch noch. dass in dem Bereich ja auch alle so Angst haben, was falsch zu machen und dass aber auch alles besser ist, als dieses Nichtverhalten, finde ich. Ja, ich finde ja auch immer, wenn du mal in Fettnapf trittst oder jetzt, wenn mich eine Person verletzt, dann finde ich das natürlich schrecklich. Aber entscheidend ist immer, was dann danach kommt. Also so gibt es dann noch eine adäquate Entschuldigung oder muss ich die Person dann trösten, weil es der so schlecht geht? Für mich zumindest ist entscheidend, was danach kommt."
" Voll, also ich meine, wir sind ja alle irgendwie diskriminierend sozialisiert im Patriarchat und haben ganz viele Diskriminierungsformen verinnerlicht. Und die verschwinden nicht von heute auf morgen."
" Ja, die meisten von uns haben auch eine Geschichte mit bestimmten Arten von Diskriminierung, also Sexismus zum Beispiel."
"ja, also zum einen eine Fehlerkultur in bezug auf Dinge anzusprechen, die einen verletzen, aber dann auch auf ein Gegenüber zu treffen, das diese Kritik als Chance annehmen kann."
"Ja, aber ich finde tatsächlich, was die Topoka Orgette schreibt, es kostet schon sehr viel Überwindung, wenn du selber die Person bist, die diskriminiert wird, das anzusprechen. Total, ja. Also das muss sich auch schon jede Person klarmachen. Viele von uns sind ja auch so in beiden Rollen, also ich kenne ja beides, beide Seiten. Aber ich finde, damit offen umzugehen, auch mit diesen Unsicherheiten, das finde ich total wichtig."
" Ja, von daher, hätten wir auch wieder einen Satz der Woche"
"Ja, Der hat mit der Unsicherheit, was zu tun. Also so mein persönlicher Satz der Woche ist genau das zu formulieren. Ich bin unsicher, zum Beispiel, ob ich dich das und das fragen kann oder in meinem Fall, ich bin u.a. hörbehindert, wenn ich gefragt werde, ich bin unsicher, ob ich laut genug gesprochen habe und eben nicht "hast du mich verstanden!!!?!" Das ist einfach ein riesen Unterschied. Ich kann den Halbsatz empfehlen. "Ich bin unsicher", einfach das mit einzubeziehen. Unsicherheit aussprechen hilft."