Istanbul: Millionen gegen Unrecht und Willkür

Istanbul: Millionen gegen Unrecht und Willkür

Mit der Parole: „Recht, Justiz, Gerechtigkeit“ hat am gestrigen Sonntag eine schier unübersehbare Menschenmenge in Istanbul gegen die Politik des Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan demonstriert. Beobachter schätzten die Menge auf über 2 Millionen Menschen. Fotos lassen diese Zahl als möglich erscheinen. Nach Polizeiangaben hatten bereits am Samstag 230 000 Menschen demonstriert. Die Demonstration fand nahe einem Gefängnis im Stadtteil Maltepe statt, wo der Journalist und Abgeordnete Enis Berberoglu (ber-ber-oolu) einsitzt. Berberoglu wurde zu 25 Jahren Gefängnis verurteilt. Er soll der Zeitung Cumhuriyet (dschumhurijet) Fotos und Videos zugespielt haben, auf denen ein von Mitgliedern des türkischen Geheimdienstes begleiteter Waffentransport nach syrien zu sehen ist. Ziel des Transportes war der kurz zuvor von Kräften des sogenannten „Islamischen Staates“ besetzte Grenzübergang Tell Abad.

Wegen der Verurteilung Berberoglus (ber-ber-oolu) hatte sich sein Parteivorsitzender Kemal Kilicdaroglu (ki-litsch-dar-oolu) mit einer Schild mit der Aufschrift „Gerechtigkeit“ aufgemacht und war damit in der prallen Julihitze von Ankara bis zur Kundgebung nach Istanbul marschiert, rund 450 Kilometer. Auf der Kundgebung forderte Kilicdaroglu (ki-litsch-dar-oolu) unter anderem die Aufhebung des seit dem Putschversuch vor fast einem Jahr anhaltenden Ausnahmezustandes. Die Freilassung der derzeit 15 inhaftierten Abgeordneten und von 150 inhaftierten JournalistInnen. Kilicdaroglu lehnte auch insbesondere das von Erdogan nach einem Referendum eingeführte neue Präsidialsystem ab, weil die Wahlkommission das Referendum trotz erheblicher Unregelmäßigkeiten bei der Auszählung anerkannt hatte.