Die Grenzen unserer Sprache: Offener Brief kritisiert nationale Abschottungsrhetorik in der Corona Krise

Offener Brief kritisiert nationale Abschottungsrhetorik in der Corona Krise

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"„Deutschland macht die Grenzen dicht“, hieß es gestern. „Europa schottet sich weiter ab“, heißt es heute. Die Rhetorik rund um die Eingrenzung des Corona-Virus verläuft entlang nationaler und europäischer Grenzziehungen: „Für unser Land“ sollten wir nun umsichtig und solidarisch handeln, so Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Doch nicht erst seit gestern sind die Grenzen zu. Für Schutzsuchende, die von der Türkei und Nordafrika aus nach Europa wollen, sind sie seit langem verschlossen. Nun die nationalen und EU-Grenzen weiter zu verdichten, ist ein fatales Signal. Es will glauben machen, der Schutz vor Gefahr läge in der Abschottung des Nationalstaats und dem umso stärker geschlossenen Bollwerk der Festung Europa. Es gilt, die vom Virus betroffenen Regionen zu stärken und abzuschotten, nicht die Grenzen stark zu machen. Europa ist als Ganzes und im Inneren betroffen. Es gibt kein Außen, gegen das es sich zu schützen gilt. Wir müssen an die Grenzen blicken, denn sie spiegeln, was im Innern im Argen liegt.

Der Katastrophenfall dient dem Schutz der Schwächeren, er darf nicht die Schwächsten vergessen. Während am Montag ein Brand im Geflüchtetencamp Moria ausbricht, droht unser Mit-Denken an einer nationalen Grenze Halt zu machen. Der sichere Hafen wird einmal mehr in die nationale Einheit gelegt, anstatt die Menschenrechte grenzüberschreitend zu achten. Wir rufen dazu auf, unsere Worte bedacht zu wählen. Denn die Grenzen unserer Sprache sind die Grenzen unserer Welt."

So ein offener Brief der beiden Juristinnen Anna-Julia Saiger und Catharina Caspari aus Freiburg und Berlin. Wir haben mit Anna-Julia gesprochen.