1. Mai in Frankreich: Viel schwächere Mobilisierung als 2002, Gewerkschaften geteilt in der Haltung für die Stichwahl

Viel schwächere Mobilisierung als 2002, Gewerkschaften geteilt in der Haltung für die Stichwahl

In Frankreich fanden die 1. Mai-Demonstrationen im Kontext der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl zwischen Emmanuel Macron und Marine Le Pen statt.

Zwischen 140.000 und 280.000 Menschen folgten landesweit dem Aufruf der meisten Gewerkschaften, darunter der linke Dachverband CGT, eine der beiden grössten Gewerkschaften des Landes. Diese Gewerkschaften riefen dazu auf, den rechtsextremen Front National zu bekämpfen, riefen gleichzeitig aber nicht explizit dazu auf, für den wirtschaftsliberalen Kandidaten Emmanuel Macron zu stimmen. Sie erklärten im Aufruf, die sozialpolitischen Rückschritte seien der Nährboden für die extreme Rechte. Medienberichten zufolge gaben sich Menschen in diesem Demonstrationszug unschlüssig, ob sie in der Stichwahl für Macron stimmen werden oder einen leeren Stimmzettel abgeben werden.

Die andere grösste Gewerkschaft Frankreichs, die sozialdemokratische CFDT, hatte sich dem Aufruf der anderen Gewerkschaften nicht angeschlossen. Sie rief eindeutig dazu auf, in der Stichwahl für Macron zu stimmen, um "die rückschrittliche und identitäre Anschauung des Front National" abzulehnen.

Als es Jean-Marie Le Pen von der rechtsextremen Front National im Jahr 2002 bis in die Stichwahl geschafft hatte, hatten alle Gewerkschaften einheitlich zu Demonstrationen gegen ihn aufgerufen. Zwischen 1 und 2 Millionen Menschen gingen damals am 1. Mai auf die Strasse. Das waren also rund zehn Mal mehr Demonstrierende als am gestrigen Montag.

In Paris wurden gestern mehrere Menschen bei Auseinandersetzungen zwischen der Polizei und autonomen und antifaschistischen Demonstrierenden an der Spitze der grossen Gewerkschaftsdemonstration verletzt. Die Behörden sprechen von sechs verletzten PolizistInnen, darunter zwei Schwerverletzte. Die linksliberale Tageszeitung "Libération" spricht von zahlreichen verletzten Demonstrierenden und fünf Festnahmen. Die Demonstrierenden warfen diverse Gegenstände, darunter Molotowcocktails. Die Polizei habe ihrerseits nicht an Munition gespart und den Demonstrationszug teilweise unter Tränengas ertränkt, so "Libération".

(mc)