NGOs beobachteten Situation an Grenzpässen in den Alpen: Französische Grenzpolizei missachtet weiterhin systematisch Rechte von Schutzsuchenden

Französische Grenzpolizei missachtet weiterhin systematisch Rechte von Schutzsuchenden

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Republikanische Ideale Vs. migrationspolitische Realität
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In einer gemeinsamen Pressemitteilung haben vergangene Woche mehrere Menschenrechts- und Hilfsorganisationen kritisiert, dass die französischen Behörden an der Grenze zu Italien systematisch die Grundrechte von Schutzsuchenden verletzen. Unter den Unterzeichnerinnen der Pressemitteilung befinden sich die französischen und italienischen Ableger internationaler Nichtregierungsorganisationen wie Amnesty International, Ärzte der Welt, Ärzte ohne Grenzen, aber auch der katholischen Caritas.

Die Organisationen stützen sich auf eigene Beobachtungen und Interviews von Mitte Oktober an Grenzpässen in den Alpen zwischen Italien und Frankreich, in der Nähe der französischen Stadt Briançon. Innerhalb von zwei Tagen haben die Nichtregierungsorganisationen illegale Vorgehensweisen und Gewalttaten durch die Grenzpolizei festgestellt. Diese Beobachtungen hätten die Kritik bestätigt, die örtliche Kollektive seit Monaten äussern.

MigrantInnen - oder wie die Organisationen sagen: "Menschen im Exil" – seien rechtswidrig nach Italien zurückgeschoben worden, darunter auch Minderjährige, die eigentlich strenger geschützt werden sollten. Die GrenzbeamtInnen hätten sich in den Bergen ausserdem Verfolgungsjagden gegen Menschen im Exil geliefert. Sie hätten Menschen im Exil mündlich bedroht und beschimpft. Sie hätten Schutzsuchende daran gehindert, Asylanträge registrieren zu lassen und ihnen keine Dolmetschung angeboten.

Genau genommen seien an den zwei Beobachtungstagen insgesamt 26 Menschen von der französischen Grenzpolizeiwache ins nächste italienische Dorf zurückgeschoben worden, ohne dass ihre individuelle Situation dabei berücksichtigt wurde oder gar ohne Möglichkeit, Asyl zu beantragen. Bei 8 Menschen, die sich als minderjährig ausgaben, missachtete die Polizei schlicht diese Angabe und behandelte sie mit den weniger schützenden Bestimmungen, die für Volljährige gelten.

In Interviews mit den Nichtregierungsorganisationen beschrieben manche MigrantInnen näher, wie der Kontakt mit der französischen Gendarmerie lief. So erklärte ein Mann aus der Elfenbeinküste, dass ihn die Gendarmen in den Bergen verfolgten. Sie forderten ihn zum Stehenbleiben auf und drohten damit, andernfalls zu schiessen. Vor lauter Panik sei er gerutscht und habe sich verletzt. Bei der Polizeiwache sei ihm eine Behandlung verweigert worden. Erst als er nach Italien zurückgeschoben wurde, konnte er behandelt werden.

Einem weiteren jungen Mann aus der Elfenbeinküste behaupteten die Gendarmen, dass nur Franzosen in Frankreich leben dürften, und dass er so schnell keine französische Staatsbürgerschaft haben werde. Er wurde ebenfalls nach Italien zurückgeschoben. In der Polizeiwache erklärte er, dass er minderjährig sei, doch die Beamtinnen antworteten, dass sie ihm nicht glauben, weil die meisten Menschen über ihren Geburtsdatum lügen würden.

Früher in diesem Jahr hatten örtliche flüchtlingssolidarische Kollektive ähnliche Äusserungen von BeamtInnen dargestellt. Ein Mann aus Guinea sei von den PolizistInnen ausgelacht worden, als er behauptete, dass er minderjährig sei. Danach hätten die BeamtInnen seine Papiere als flasch bezeichnet und sie daraufhin zerrissen. Einem weiteren Mann behaupteten die BeamtInnen, sie würden ihn beim nächsten Versuch, die Grenze zu übertreten, gleich nach Libyen zurückschieben.

Die Nichtregierungsorganisationen bezeichnen diese Verhaltensweisen als illegal, unmenschlich, heuchlerisch und eines Rechtsstaates nicht würdig.